Ecuador - vom hIMMEL ins Meer
"Pedaleo por Latinamerica unidad, libre, digna y soberana” (sinngemaesse Uebersetzung: Ich pedaliere für ein einheitliches, freies, wuerdevolles und souveraenes Lateinamerika). Mit dieser Botschaft reist Omar durch sein eigenes Land und weiter. Es ist für ihn das erste Mal, dass er seine Heimat Kolumbien verlässt, eine Grenze überschreitet. Im Gepäck hat er nicht viel: einen Schlafsack, ein Paar Schuhe, wenig Kleidung, Wolle - kein Zelt, keine Schlafmatte, keine Regenkleidung, keinen Kocher, keine Kamera etc. Seine Radtaschen bestehen aus alten Wasserkanistern, selbstgebaut und wasserfest. Sein Fahrrad ist ein einfaches Mountainbike. Omar radelt seit Bogota Richtung Süden, sein Ziel ist Quito in Ecuador. Doch eigentlich wünscht er sich, bis an die Küste weiter zu fahren. Falls er bis Quito noch insgesamt 30$ von seinem Reisebudget übrig behält, führt ihn sein Weg weiter an das Meer Ecuadors. Kurz hinter der Grenze wird ihm das wenige Geld, was er hat, gestohlen. Bis zur Hauptstadt ist es nicht mehr weit, also radelt er weiter. Dort angekommen, hat der Kolumbianer die Idee, seine selbstgemachten Geschenke für Gastgeber und Freunde auf seinem Weg, auch an andere weiterzugeben. Mit den Ojos del Dios, aus Holz und Wolle gebastelte Talismanen, versucht er sich, die benötigten 30$ für seinen Trip ans Meer zu verdienen. Nach zwei Tagen hat er das Geld zusammen und bahnt sich seinen Weg Richtung Pazifik.
Wir begegnen dem Kolumbianer insgesamt dreimal. Jedes Mal wieder inspiriert und beeindruckt Omar uns. Das erste Mal treffen wir ihn zu Beginn seiner Reise nahe Bogota. Damals radelte er unter dem Motto: Für ein Reisen ohne Angst durch Kolumbien. Beim zweiten Treffen stoßen wir nahe der Grenze zu Ecuador auf Omar, so weit ist er schon ohne Zelt und viel Barem gekommen. Bei der dritten Begegnung erzählt er uns von dem verlorenen Geld. Doch lässt er sich nicht trüben und zaubert eine Strategie hervor, sich seinen Wunsch dennoch zu erfüllen.
Mit wenig erlebt er viel. Er hat den Mut, seine Idee zu leben, auch ohne Highend-Ausrüstung, ohne viel Erspartes, mit etwas Genügsamkeit und viel Leidenschaft. Oft trifft er auf andere Radreisende, vollbeladen mit Equipment (das hier zu Lande mit rund 1/3 Preisaufschlag im Vergleich zu Europa verkauft wird) und für die 30$ meist nur ein Zweitagesbudget auf einer langen Reise ist. Für ihn bedeutet es hingegen, das Meer zu sehen. Während unserer Reise begegneten wir zahlreichen Europäern und Amerikanern, die ihren Traum leben - jede Begegnung anders und beeindruckend. Wir trafen aber auch einige, wenige Mexikaner und Südamerikaner, für die es aufgrund der Lebensbedingungen sehr viel schwerer ist, sich ein langfristiges Reisebudget anzusparen und das nötige Outdoor-Equipment wie Zelt, Schlafsack oder Brenner zu erwerben. Teils sind es einfache, gute Ideen, wie die zu wasserfesten Fahrradtaschen umgewandelten Kanister, alte Radschläuche, die nun als Spanngurte fungieren, oder Strategien wie Foto-, Schmuck- oder eben Talismanverkauf, die ihnen während der Reise verhelfen, das nötige Budget anzusparen oder von Tag zu Tag zu leben. So können auch sie sich ihren Traum ermöglichen, auch mit wenig im Gepäck. Diese Begegnungen imponieren und hinterlassen Spuren der Inspiration in uns.
(Unter der folgenden Diashow geht der Reisebericht weiter)
Mit wenig erlebt er viel. Er hat den Mut, seine Idee zu leben, auch ohne Highend-Ausrüstung, ohne viel Erspartes, mit etwas Genügsamkeit und viel Leidenschaft. Oft trifft er auf andere Radreisende, vollbeladen mit Equipment (das hier zu Lande mit rund 1/3 Preisaufschlag im Vergleich zu Europa verkauft wird) und für die 30$ meist nur ein Zweitagesbudget auf einer langen Reise ist. Für ihn bedeutet es hingegen, das Meer zu sehen. Während unserer Reise begegneten wir zahlreichen Europäern und Amerikanern, die ihren Traum leben - jede Begegnung anders und beeindruckend. Wir trafen aber auch einige, wenige Mexikaner und Südamerikaner, für die es aufgrund der Lebensbedingungen sehr viel schwerer ist, sich ein langfristiges Reisebudget anzusparen und das nötige Outdoor-Equipment wie Zelt, Schlafsack oder Brenner zu erwerben. Teils sind es einfache, gute Ideen, wie die zu wasserfesten Fahrradtaschen umgewandelten Kanister, alte Radschläuche, die nun als Spanngurte fungieren, oder Strategien wie Foto-, Schmuck- oder eben Talismanverkauf, die ihnen während der Reise verhelfen, das nötige Budget anzusparen oder von Tag zu Tag zu leben. So können auch sie sich ihren Traum ermöglichen, auch mit wenig im Gepäck. Diese Begegnungen imponieren und hinterlassen Spuren der Inspiration in uns.
(Unter der folgenden Diashow geht der Reisebericht weiter)
Unter einem Motto radelt Omar nun durch Ecuador wie zuvor durch Kolumbien für ein vereintes, freies Südamerika, vertritt diese Botschaft für sein Land und seinen Kontinent, denen seine Verbundenheit, sein Stolz und seine Liebe gelten.
Dazu hat er auch allen Grund, denn Südamerika und seine Einwohner haben vieles zu bieten. Nach Kolumbien überrascht auch Ecuador uns mit seiner landschaftlichen Vielfalt und seinem breiten Abwechslungsreichtum. Die Straße der Vulkane, in der sich ein schneebedeckter Vulkan an den anderen reiht - tiefdunkle Lagunen, die das Becken der umliegenden Berge bilden - der Pazifik, in dem dieses Jahr erstmals ein 70.3. Ironman durchgeführt wird - das wilde Amazonasgebiet, das zur Zeit von etlichen Regenstürmen erschüttert wird - die lachenden, warmherzigen Ecuadorianer, mit dem an der Bevölkerungsanzahl gemessenen weltweit größten Anteil an indigenen Einwohnern - die Diversität und Pracht Südamerikas zeigt sich bereits auf solch einem kleinen Teil des Kontinentes. Schon auf den ersten 300km in dem neuen Land stoßen wir auf mehrere landschaftlich umwerfende Nationalparks, haben Aussicht auf schneebedeckte Bergkuppen, überqueren den Äquator, besuchen die romantische Altstadt Quitos, erklimmen die Spitze eines Vulkanes auf 4795m und rauschen durch kleine Dörfer voller traditioneller Völker in bunten Trachten. Hier strotz es nur so vor weitergegebenen Handwerken und Generationshäusern, in denen sich jeder um jeden kümmert. Oft sehen wir die ältere Schwester mit einem Baby auf dem Rücken in eine Decke eingemummelt und zwei, drei weitere Geschwister im Gänsemarsch hinterher tappeln. Denn auch die Frauen packen im Alltag hart an, sind nicht nur für die Kindererziehung zuständig. Oftmals leben die Indigenen von der Landwirtschaft oder von dem Handwerk: Einen kleinen Hof oder ein einfaches Haus mit ein paar Kühen, einem Hausschwein, Hühnern und im Garten einige Früchte oder Gemüse, etwas mehr als zur Selbstversorgung ausreicht, pflegend, einen kleinen Tante Emma Landen mit allerlei führend, auf den Märkten ihr frisches Obst und Gemüse oder eben die Handwerke ihrer Völker verkaufend. Auf einem dieser Höfe finden wir auf der Weide Unterkunft für eine Nacht. Die Familie besitzt 20 Milchkühe, jede von ihnen hat einen Namen und wird täglich per Hand gemolken, Maschinen gibt es nicht. Robert darf selbst Hand anlegen und eine Kuh namens Nema melken. Wiedermal ein besonderes Erlebnis.
Dazu hat er auch allen Grund, denn Südamerika und seine Einwohner haben vieles zu bieten. Nach Kolumbien überrascht auch Ecuador uns mit seiner landschaftlichen Vielfalt und seinem breiten Abwechslungsreichtum. Die Straße der Vulkane, in der sich ein schneebedeckter Vulkan an den anderen reiht - tiefdunkle Lagunen, die das Becken der umliegenden Berge bilden - der Pazifik, in dem dieses Jahr erstmals ein 70.3. Ironman durchgeführt wird - das wilde Amazonasgebiet, das zur Zeit von etlichen Regenstürmen erschüttert wird - die lachenden, warmherzigen Ecuadorianer, mit dem an der Bevölkerungsanzahl gemessenen weltweit größten Anteil an indigenen Einwohnern - die Diversität und Pracht Südamerikas zeigt sich bereits auf solch einem kleinen Teil des Kontinentes. Schon auf den ersten 300km in dem neuen Land stoßen wir auf mehrere landschaftlich umwerfende Nationalparks, haben Aussicht auf schneebedeckte Bergkuppen, überqueren den Äquator, besuchen die romantische Altstadt Quitos, erklimmen die Spitze eines Vulkanes auf 4795m und rauschen durch kleine Dörfer voller traditioneller Völker in bunten Trachten. Hier strotz es nur so vor weitergegebenen Handwerken und Generationshäusern, in denen sich jeder um jeden kümmert. Oft sehen wir die ältere Schwester mit einem Baby auf dem Rücken in eine Decke eingemummelt und zwei, drei weitere Geschwister im Gänsemarsch hinterher tappeln. Denn auch die Frauen packen im Alltag hart an, sind nicht nur für die Kindererziehung zuständig. Oftmals leben die Indigenen von der Landwirtschaft oder von dem Handwerk: Einen kleinen Hof oder ein einfaches Haus mit ein paar Kühen, einem Hausschwein, Hühnern und im Garten einige Früchte oder Gemüse, etwas mehr als zur Selbstversorgung ausreicht, pflegend, einen kleinen Tante Emma Landen mit allerlei führend, auf den Märkten ihr frisches Obst und Gemüse oder eben die Handwerke ihrer Völker verkaufend. Auf einem dieser Höfe finden wir auf der Weide Unterkunft für eine Nacht. Die Familie besitzt 20 Milchkühe, jede von ihnen hat einen Namen und wird täglich per Hand gemolken, Maschinen gibt es nicht. Robert darf selbst Hand anlegen und eine Kuh namens Nema melken. Wiedermal ein besonderes Erlebnis.
Eine Uebersicht traditioneller Trachten:
Doch auch hier entdecken wir bei den Damen in den schönsten Trachten, bestehend aus bunten Ketten, weißen Blusen mit farbenfrohen Blumen und langen schwarzen Röcken, in den Einkaufstüten Coca-Cola. Ob in den abgeschiedenen Bergdörfern Mexikos, den armen Regionen Guatemalas, den ausschließlich von indigenen Völkern besiedelten Inseln Panamas oder den isolierten Dörfern in der Darien Gap Kolumbiens - so oft radelten wir nun schon durch Regionen, in denen wir uns über den Siegesmarsch des bereits 1892 gegründeten Produzenten nur mit traurigem Kopfschütteln wundern konnten. Dass das Supermarktsortiment in den USA neben den 3l Flaschengrößen zu spottgünstigen Preisen, die selbst Wasserpreise unterbieten, auch jegliches verfügbares Getränk der Coca-Cola Company parat hält, ist weniger verwunderlich. Mit Erschrecken stellen wir aber immer wieder fest, dass die Marketingstrategie auch zu vollem Erfolg inmitten in der Abgeschiedenheit und unter Traditionsvölkern geführt hat. Unter den indigenen Völkern nimmt es heute vermutlich eine Art Statussymbol ein.
Der weltweit größte Softdrinkhersteller verdient nicht nur Anerkennung für seinen vermeintlich hohen Beitrag an den Übergewichtigkeitsstatistiken. Aus einer doch ein wenig chemischen Zutatenformel zauberte er einen leckeren, hochkalorischen Cocktail, dem auch wir oftmals in der Hitze Zentralamerikas als Ausweg aus der Überhitzung nicht wiederstehen konnten –mit geschlossenen Augen, ohne erneuten Blick auf die Inhaltsstoffe. Auch verdiente sich die Coca-Cola Company vor kurzem in einem anderen Zusammenhang unsere Anerkennung. Es war die einzige, noch verbleibende Lösung für die erneute Funktion unseres Brenners, der uns aufgrund des stark verunreinigten Benzins am Abend nicht mehr so recht für die harten Tagesetappen entschädigen wollte. Robert zerlegte den Brenner in alle Einzelteile. Er säuberte jedes einzige Bauteil, doch nichts half und so blieb nur noch ein letzter Versuch. In Foren wurde der Hinweis verbreitet, dass ein stark verdreckter, nicht mehr recht funktionstüchtiger Kocher für 24 Stunden in Cola eingelegt werden könnte. Der ertragreiche Chemiecocktail zersetzt alles Hinderliche und trägt zur erneuten, tadellosen Funktion des Benzinkochers bei. Und so war es. Nach 24 Stunden Cola-Konsum sah der Brenner aus wie neu und auch die Flamme brannte als würde sie zum ersten Mal entflammt. Was das Erfrischungsgetränk in unseren Mägen und Körpern anstellt, neben dem so praktischen Energievorrat an Bauch und Hüften, können uns wohl nur Kundige erklären. Doch dank dem Erfolgslauf von Coca Cola können wir zumindest auch an den abgelegensten Orten ohne große Sorge unseren Brenner wieder zum Leben erwecken.
Der weltweit größte Softdrinkhersteller verdient nicht nur Anerkennung für seinen vermeintlich hohen Beitrag an den Übergewichtigkeitsstatistiken. Aus einer doch ein wenig chemischen Zutatenformel zauberte er einen leckeren, hochkalorischen Cocktail, dem auch wir oftmals in der Hitze Zentralamerikas als Ausweg aus der Überhitzung nicht wiederstehen konnten –mit geschlossenen Augen, ohne erneuten Blick auf die Inhaltsstoffe. Auch verdiente sich die Coca-Cola Company vor kurzem in einem anderen Zusammenhang unsere Anerkennung. Es war die einzige, noch verbleibende Lösung für die erneute Funktion unseres Brenners, der uns aufgrund des stark verunreinigten Benzins am Abend nicht mehr so recht für die harten Tagesetappen entschädigen wollte. Robert zerlegte den Brenner in alle Einzelteile. Er säuberte jedes einzige Bauteil, doch nichts half und so blieb nur noch ein letzter Versuch. In Foren wurde der Hinweis verbreitet, dass ein stark verdreckter, nicht mehr recht funktionstüchtiger Kocher für 24 Stunden in Cola eingelegt werden könnte. Der ertragreiche Chemiecocktail zersetzt alles Hinderliche und trägt zur erneuten, tadellosen Funktion des Benzinkochers bei. Und so war es. Nach 24 Stunden Cola-Konsum sah der Brenner aus wie neu und auch die Flamme brannte als würde sie zum ersten Mal entflammt. Was das Erfrischungsgetränk in unseren Mägen und Körpern anstellt, neben dem so praktischen Energievorrat an Bauch und Hüften, können uns wohl nur Kundige erklären. Doch dank dem Erfolgslauf von Coca Cola können wir zumindest auch an den abgelegensten Orten ohne große Sorge unseren Brenner wieder zum Leben erwecken.
Reserva Ecologica El Angel:
In der Abgeschiedenheit der Reserva Ecologica El Angel werden wir nun auch landschaftlich auf unseren ersten Metern in Ecuador übermannt. Das Fahren abseits der neu ausgebauten, stark befahrenen Panamericana, also quasi der Autobahn, gibt die Sicht frei auf eine einzigartige mit Sonnenblumenbäumen (Frailejoles) übersäte Berglandschaft auf knappen 4000m Höhe im Norden des Landes. Die Fahrt und Nacht in der Höhe bereitet uns langsam auf die geplante Bergbesteigung vor. Die schneebedeckte Spitze des mit 5895m höchsten aktiven Vulkanes der Welt, dem Cotopaxi, holt uns vom Rad in die Bergschuhe. Mit unseren zwei Guides starten wir zu sechst vom urigen Refuge am regenverhangenen, stürmischen Fuße des Bergriesen. Durchnässt erreichen wir das Basecamp auf 4800m im Schnee. Unsere Guides sind wegen des Unwetters wenig zuversichtlich, was das Erklimmen der Spitze in der kommenden Nacht angeht. In der Hoffnung, der Sturm würde abklingen und der Schneeregen ebenfalls nachgeben, versuchen wir einige Stunden Schaf unter den Einwirkungen der immer stärker werdenden Sturmböen auf das ohnehin schon provisorisch wirkende, leckende Zelt zu ergattern. Um 24 Uhr haben wir immer noch kein Auge zubekommen, doch nun ruft der Berg. Die Guides, ebenfalls mit kleinen Ringen unter den müden Augen von der ruhelosen Nacht, lassen uns die Wahl. Die Bedingungen sind hart. Es herrscht eisige Kälte. Der Eisregen peitscht erbarmungslos in unsere Gesichter. Der Sturm tobt ungebändigt, gar wüster. Die Dunkelheit der Nacht wirkt nicht sehr einladend, doch unsere nasskalten Schlafsäcke tragen bei dem Wetter auch nicht wirklich zu unserem Wohlbefinden bei. Die Entscheidung steht: Soweit es nicht zu gefährlich ist, wollen es probieren, ein wenig Bergluft schnuppern und die Gletscher bewundern. Eingemummelt jeweils in vier Kleidungsschichten, drei davon bereits vom Vortag nass, bahnen wir uns den Weg über das Lavageröllfeld, um nach wenigen Metern bereits tief im Neuschnee zu versinken. Die Böen stürmen hemmungslos auf uns ein, machen das Vorwärtskommen und gar das Aufrechtstehen beinahe unmöglich. Mit jeder Minute kriecht die Kälte tiefer unter unsere Kleidung, frisst sich so langsam in die Knochen. Der Sauerstoff wird mit jedem Höhenmeter knapper. Das Atmen fällt schwerer. Jeder Schritt brennt in den Waden, kostet Konzentration und Überwindung. Der Blick ist starr nach unten gerichtet, denn der Eisregen auf der Haut ist kaum erträglich. Nach 1,5 Stunden die erste Pause, erschöpft liegen wir im kalten Schnee. 300 Höhenmeter sind geschafft, doch liegen noch 800m vor uns. Steil geht es immer weiter den Gletscher hinauf, kein Ende ist in Sicht, da diese im Schnee- und Eisgestöber leider nur 5m beträgt. Der Neuschnee lässt teils kaum Halt finden, trotz Steigeisen und Pickel. Die Kälte kostet immer mehr Energie, Füße und Hände überwinden das reine Kältestadium und gehen in das Taubheitsstadium über. Bereits auf 5300m verlangt Sabrinas Körper gefühlt schon nach jeden 50m eine Pause, zerrt nach der Luft zum Atem. Das Herz schlägt wie die Flügel eines Kolibris, lässt sich kaum beruhigen. Zumindest leiden wir nicht unter Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Schwindel etc., die weiteren üblichen Symptome der Höhenkrankheit. Viel sind wir in der Höhe gefahren, haben Nächte dort verbracht, uns bei Wanderungen an die 5000m erprobt, um unsere Körper an die Höhe zu adaptieren und nicht auf halbem Wege des Cotopaxis umdrehen zu müssen. Doch unsere Vorbereitungen nehmen keinen Einfluss auf die Bedingungen. Robert leidet weniger, wie fast alle Lebenslagen, fällt ihm auch das Bezwingen der Berge nicht so schwer. Er motiviert, passt sich Sabrinas Tempo an, wartet tapfer die kalten Pausen ab, in denen sie immer wieder versucht, Kraft zu tanken, die Füße und Hände zu wärmen. Doch irgendwann ist es so weit. Die Beine versagen - unter der Kälte, unter der Höhe, unter Schwäche. Es ist ein Grenzerlebnis. Man versucht über sich hinauszuwachsen, die Grenzen so weit wie möglich zu dehnen. Doch an einem Punkt bleibt nur noch das Eingeständnis: Die eigene physische und psychische Grenze ist überschritten. Es bleibt ein anderer, neuer Weg. Und so müssen wir schweren Herzens, bitter enttäuscht, frustriert, aber doch froh bei 5425m um 5:30Uhr den Abstieg in Angriff nehmen, denn auch der verlangt noch einiges an Kraftreserven. In der Dämmerung zurück am Basecamp bleibt uns eine drei Zentimeter dicke Eisschicht auf dem gesamten Equipment, der Kleidung und auch auf dem Herzen. Der Blick schweift zurück zum Cotopaxi, eingehüllt in eine undurchdringliche Wolkenfront. So wollen wir den wunderschönen Vulkan mit schneeweißer Kuppe, die wir bis dahin nur von Fotos kennen, nicht in Erinnerung behalten und so radeln wir zwei Tage später mit dem Rad zum Fuße des Giganten. Diesmal liegt er frei, die weiße Spitze thront im blauen Himmel bei strahlender Sonne. Diesen Anblick wollen wir in Erinnerung behalten, wohlbehalten auf dem Rad zurück, voller Vorfreude auf unsere nächsten Kilometer in dem uns so beeindruckenden Land.
Parque National Cotopaxi:
Es wartet das tropische Amazonasgebiet mit seinem ewigen Grün und der unbegreiflichen Weite des Regenwaldes auf uns. Auf unserem Weg von dem Hochgebirge hinunter in den sogenannten Oriente stehen wir auf einmal vor den Ausmaßen einer Geröll- und Schlammlawine. Die Nebenstraße ist überspült von Erd- und Wassermassen, die sich unbekümmert den Weg hinab ins Tal suchen. Die Straße ist ohne 4x4 nicht mehr passierbar. Nun also hinaus aus den Radschuhen, hinein in die Sandalen und so schieben wir das Tandem 200m durch die Schlammmassen. Dies bleibt nicht unsere einzige Begegnung mit den Auswirkungen des aktuellen Ausnahmezustandes im Oriente. Seit Wochen hören wir von den Unwettern, die etliche Erdrutsche verursacht haben, Straßenabschnitte blockiert, zerstört und gar Menschenleben gefordert haben. Dem Tor zum Amazonas folgend, erblicken wir rechts und links in den Bergen immer wieder kahle Hänge und von Geröll überlagerte Straßen. Nicht nur dem aktuellen Wetterphänomen „El Nino“, der in Südamerika für viel Regen und Unwetter sorgt, ist die Schuld zuzuschreiben, auch der Landwirtschaft. Bäume, die zuvor durch festes Wurzelwerk für eine Stabilität der Berghänge sorgten, wichen landwirtschaftlichen Nutzungsflächen. In den Bergen sind die langfristigen Folgen oftmals fatal. Geröll, Erde und Pflanzen, die nicht ausreichend Halt finden, werden vom Wasser mitgerissen und verwandeln sich in zerstörerische, rücksichtslose Lawinen, die sich ihren Weg bis ganz unten suchen und den auch finden.
Hinab bis in den Amazonas:
Vorbei an solchen Verwüstungen geht es nun zurück in das Hochland, zum Fuße des größten Vulkans der Erde, dem Chimborazo mit seinen 6310m. Verlockend für Robert, doch diese Naturgewalt hat schon einigen Bergsteigern das kostbare Leben geraubt, denn er stellt hohe physische und technische Anforderungen an seine Bezwinger. Als wir den Chimborazo endlich zu Gesicht bekommen, liegt er frei von Wolken. Ein Augenblick tiefen Durchatems und Dauergrinsens. Wir erklimmen die 4850m zum Refuge mit dem Tandem, ohne Gepäck, das 400m tiefer auf uns wartet, aber bei dem stärksten Gegenwind, den wir je auf dem Rad erlebt haben. Der folgende Aufstieg zum Lavabett auf 5100m lohnt sich, denn der Anblick aus der Nähe ist noch beeindruckender als ohnehin schon. Steil erklimmen die Wände des Vulkanes die Himmelsleiter. Das ewige Eis der Gletscher erstrahlt im puren Weiß und bildet einen tadellosen Kontrast zum rot-schwarzen Lavageröll und zum tiefen Blau des Horizontes. Die Höhe gibt den Blick frei auf die umliegenden brauen Berge, wolkenverhangen, trocken. Die Küste liegt in weiter Ferne, doch soll sie in lichten Momenten von hier aus zu bestaunen sein. An diesem Tag hängen die Wolken jedoch zu tief für den Ausblick und so beschließen wir, uns die Küste nochmal aus der Nähe anzuschauen, die Berge für kurze Zeit zu verlassen, um beim Radeln ein wenig Meeresluft zu schnuppern.
Weitere Eindruecke aus Ecuador
Quito, romatische Altstadt in der Strasse der Vulkane:
Quitos Hausberg/Hausvulkan der Pinchincha, Hoehenakklimatisierung:
Chimborazo, mit 6310m der hoehste Vulkan der Welt: